ZUKUNFT. CARITAS
Liebe Leserin, lieber Leser,
hinter uns liegen zwei Jahre, die es in sich hatten: Die Corona-Pandemie mit all ihren Folgen und Debatten hatte uns fest im Griff, da zerstörte im Juli 2021 die Flutkatastrophe in vielen Teilen des Erzbistums Häuser und Existenzen, mehr als 180 Menschen verloren ihr Leben. Im Februar 2022 überfiel Russland die Ukraine, mehr als sieben Millionen Menschen flüchteten, fast eine Viertelmillion von ihnen nach Nordrhein-Westfalen. Die Preise für Öl, Gas und Lebensmittel stiegen. Viele Menschen fürchten sich, bekannte und bisher unbekannte Existenzängste wachsen.
Die Caritas bekommt diese Auswirkungen von Krisen und Katastrophen überall zu spüren: in ihren Kindergärten und Beratungsstellen, in den Altenheimen und Flüchtlingsunterkünften, in den Krankenhäusern und Wohnungslosentreffs. Auch die vielen engagierten Mitarbeitenden fühlten sich oft überfordert, brauchten mehr Austausch, brauchten einander.
Das Motto der Caritas-Kampagne 2021 und 2022 – vor den Krisen erdacht – passte da ausgerechnet: „Das machen wir gemeinsam!“ Im zuversichtlichen Appell an den Zusammenhalt liegt eine Caritas-Antwort auf so viele Herausforderungen. Es wurden enorme Kräfte freigesetzt, wie dieser Jahresbericht deutlich macht. In den Altenheimen fruchteten die Impfappelle, in den Flutgebieten entstanden Koordinierungsstellen, die den Menschen beim physischen und seelischen Wiederaufbau halfen. Die Gastgeberinnen und Gastgeber der vielen Geflüchteten erhielten professionelle Unterstützung, für die Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas wurden Orientierungshilfen erarbeitet, die beim Umgang mit den kleinen Zugewanderten unterstützten. Und inmitten der Krisen gedachte der Deutsche Caritasverband seines 125-jährigen Bestehens – am Gründungsort in Köln.
Es sind die vielen Schultern, die Halt geben und den Gemeinsinn ausmachen; sie sind das Versprechen an die Zukunft: Die Caritas ist eine starke und aufrichtige gesellschaftliche Akteurin, angetrieben von Nächstenliebe und der Not der Menschen, mit der Kraft Gottes und im Namen der Kirche. Davon erzählt dieser Jahresbericht.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und Scrollen.
Ansgar Puff
Vorsitzender
Dr. Frank Johannes Hensel
Diözesan-Caritasdirektor
Matthias Schmitt
stellv. Diözesan-Caritasdirektor
JAHRESBERICHT 2021/2022
Das Jahr in Bildern
Januar
Februar
april
März
mai
Engagement & Perspektiven
Steigende Kosten schweben wie ein Damoklesschwert über den Menschen
Die Preise für Energie sind 2022 explodiert. Eine große Herausforderung für Menschen, die ohnehin schon wenig haben. Eine Herausforderung auch für soziale Einrichtungen wie Altenheime, Kitas oder Krankenhäuser.
Michaela Hofmann
Im Interview schildert Michaela Hofmann, Referentin für Armutsfragen, welche Sorgen die Menschen umtreiben. Zum Interview.
Energiekrise sorgt für Ansturm auf Stromspar-Check
Seit 15 Jahren unterstützt der Stromspar-Check Haushalte beim Energiesparen. Durch die Energiekrise und explodierende Preise ist die Nachfrage nach Beratung enorm gestiegen. Inzwischen weisen auch Wohnungsbaugesellschaften oder Energieversorger auf das Angebot hin.
Neun Stromspar-Check-Standorte gibt es derzeit im Bereich des Kölner Diözesan-Caritasverbandes. In Düsseldorf, Euskirchen, Köln, Mettmann, Remscheid, Solingen und Wuppertal sowie im Rhein-Erft- und Rhein-Sieg-Kreis sind insgesamt 44 Stromspar-Beraterinnen und -Berater unterwegs. Dass es momentan trotz großer Nachfrage nicht mehr sind, ist eine Folge der Corona-Zeit. Die Jobcenter vermitteln Langzeitarbeitslose auf Zeit in das Projekt, doch durch die Lockdowns hätten viele Arbeitsvermittler den Kontakt zu den Menschen verloren, erklärt Nicola Buskotte, die das Projekt seit 15 Jahren für den DiCV betreut. Der Bedarf sei auf jeden Fall da. „Seit dem Sommer haben die Stromspar-Check-Standorte Wartelisten. Viele berichten uns, dass sie bereits Termine bis in den Januar und Februar hinein vergeben haben“, so Nicola Buskotte. Die Stromspar-Checkerinnen und -Checker ermitteln bei einem ersten Besuch den Verbrauch eines Haushalts, bei einem weiteren wird die Messung analysiert, Einsparmöglichkeiten werden identifiziert und Einsparhilfen wie schaltbare Steckerleisten, LEDs oder ein Sparduschkopf eingebaut – mehrere Hundert Euro jährlich kann ein Haushalt auf diese Weise sparen. Zusätzlich gibt es Gutscheine vom Bund und vom Land für den Austausch eines alten, energiefressenden Kühlgeräts gegen ein neues, sparsameres Modell.
Der Bedarf nach Beratung wird wohl weiter steigen. Auch in den vergangenen Jahren sei die Lücke bei vielen Betroffenen bereits groß gewesen zwischen dem, was im Regelsatz von Hartz IV für den Strom vorgesehen sei und den eigentlichen Stromkosten. Mit den steigenden Energiepreisen aber erreiche dies noch mal eine ganz andere Dimension. „Wenn dann beispielsweise auch Warmwasser mit Strom aufbereitet wird, dann stellt sich bei vielen wirklich die Frage: Kann ich duschen, oder fülle ich den Kühlschrank?“, verdeutlicht Nicola Buskotte den Ernst der Lage.
Auch unter den Menschen, die aus Erwerbstätigkeit nur über ein geringes Einkommen verfügen, wächst die Gruppe derer, die Probleme haben, die enormen Preissteigerungen bei den Energiekosten zu stemmen. „Vielen wird die Dimension möglicherweise erst im kommenden Jahr bewusst, wenn die Endabrechnung kommt“, so Nicola Buskotte. Weil viele Wohnungsbaugenossenschaften und Energieversorger das Problem erkannt haben, weisen sie inzwischen von sich aus auf das Angebot der Beratung hin. Auch dies zeige, wie sehr sich die Situation zugespitzt habe, so Nicola Buskotte. Erweitert werden soll der Kreis derer, die sich durch den Stromspar-Check Hilfe holen können. So sieht der Förderantrag für 2023 vor, dass auch BAföG-Beziehende diese Hilfe in Anspruch nehmen können.
Mitte Dezember 2022 gab das Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz bekannt, das Projekt Stromspar-Check mit rund 38 Millionen Euro für weitere drei Jahre zu fördern.
Katastrophenhilfe ist kein Schnelldurchlauf
Michaela Szillat ist seit Oktober 2021 Fluthilfekoordinatorin der Caritas im Erzbistum Köln. Im Interview spricht sie über den Aufbau der Flutbüros, die Hilfeleistungen und zieht Bilanz.
Michaela Szillat
Nachbarschaftshilfe für Tausende Menschen aus der Ukraine
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten – das waren die zentralen Themen des Jahres 2022. Im Erzbistum Köln waren die Aktion Neue Nachbarn und der Diözesan-Caritasverband zur Stelle, als es darum ging, schnell und gezielt Angebote zu machen. Man profitierte dabei von einem Netzwerk, das seit 2015 entstanden war.
„Zahlreiche Mitarbeitende der Caritas und Ehrenamtliche machten Überstunden, halfen im Migrationsbereich aus oder schmierten Brote in einer schnell ins Leben gerufenen Flüchtlingsunterkunft. Es war ein unglaubliches Engagement von Ehren- und Hauptamt, das sich bis heute fortsetzt“, sagt Irene Porsch, Flüchtlingsbeauftragte der Caritas im Erzbistum Köln (Foto). In der Presse wie auch in den sozialen Medien sei zeitnah auf die Angebote der Fachdienste Integration und Migration hingewiesen worden sowie auf die Aktion Neue Nachbarn als Anlaufstelle für Engagierte und Ehrenamtliche. „Herausragend“ sei auch das Engagement von Menschen gewesen, die in der so genannten ersten Flüchtlingswelle 2015 und 2016 nach Deutschland gekommen seien.
Eine tragende Säule in der Begleitung der Geflüchteten wie der Engagierten und Ehrenamtlichen waren die Integrationsbeauftragten der Aktion Neue Nachbarn in enger Kooperation mit den Fachdiensten Integration und Migration. Eine gute Anlaufstelle bildeten die Willkommenscafés, die es bereits 2015 und 2016 gegeben hatte. Viele der ehrenamtlichen Strukturen konnten reaktiviert werden, und die Cafés öffneten, unmittelbar nachdem die ersten Ukrainerinnen und Ukrainer angekommen waren. Gleichzeitig kam eine neue Besetzung hinzu: Menschen mit Migrationshintergrund aus der Ukraine, Engagierte aus der Flüchtlingsarbeit, aber häufig auch Menschen, die vorher selbst zu den Gästen gehörten. „Wir haben häufig erlebt, dass Geflüchtete, die schon in Projekten der Aktion Neue Nachbarn aktiv waren, gesagt haben: Wir haben hier so viel Gutes erlebt, wir möchten das weitergeben. Und das haben sie auf unterschiedliche Art und Weise getan“, bilanziert Irene Porsch.
Faire Chancen für alle
Herausfordernder wurde die Situation, als Geflüchtete aus der Ukraine spätestens im Juni in die Leistungen des Sozialgesetzbuches II aufgenommen wurden, während Menschen aus anderen Ländern nach wie vor Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz bekommen, die 30 Prozent unter dem Sozialhilfeniveau liegen. Dies, verbunden mit einem visafreien Aufenthalt für Geflüchtete aus der Ukraine versus schleppend verlaufenden Asylverfahren über Jahre hinweg, schaffe gefühlte, erlebte und konkrete Ungleichbehandlung, so Irene Porsch. „Auf der einen Seite konnten durch die Umsetzung der Massenzustrom-Richtlinie für Geflüchtete aus der Ukraine Rahmenbedingungen geschaffen werden, doch diese sollten allen Menschen zustehen, die nach Flucht hier in Deutschland eine neue Heimat suchen. Stattdessen wird im praktischen Alltag eine große Ungerechtigkeit und Ungleichbehandlung erlebt. Zumal auch Menschen davon betroffen sind, die zwar vor dem Krieg in der Ukraine fliehen mussten, aber keinen ukrainischen Pass haben.“ Dies habe bei vielen Beratenden, Ehrenamtlichen und den Geflüchteten selbst zu großem Unverständnis geführt, habe dem Engagement aber keinen Abbruch getan. „Viele Menschen, die vor den großen Herausforderungen in unserem unfairen Asylsystem stehen, sind jetzt schon so weit integriert, dass sie ein großes Bedürfnis haben, das weiterzugeben. Hinzu kommt, dass wir in der Aktion Neue Nachbarn stets darauf achten, dass Angebote allen Menschen mit Fluchterfahrung zugutekommen. Wir unterstützen Menschen gemessen am Hilfebedarf und nicht nach Herkunft“, betont Irene Porsch.
Zusätzliche Stellen für FIM, psychosoziale Beratung und Sprachkurse
Die Willkommenscafés waren auch erste Anlaufstellen besonders für die Geflüchteten, die privat untergebracht waren. Mitarbeitende von Fachdiensten und die Integrationsbeauftragten der Aktion Neue Nachbarn waren vor Ort, um die Menschen zu beraten zu Themen wie Leistungsbezug, Wohnen oder Kinderbetreuung. Über die Aktion Neue Nachbarn stellte das Erzbistum Mittel bereit, um jeden Fachdienst für Integration und Migration, befristet für ein Jahr, mit einer zusätzlichen Stelle für die Beratung von Ukraine-Geflüchteten auszustatten, eine halbe Stelle gab es für die Jugendmigrationsdienste, jeweils zwei weitere Stellen für jedes psychosoziale Zentrum in Caritas-Trägerschaft. Auch für Sprachkurse wurden zusätzliche Mittel bereit gestellt, hier haben das Katholische Bildungswerk und die Aktion Neue Nachbarn schnell Angebote geschaffen.
Konfliktpunkt private Unterbringung
Schon bald kristallisierte sich heraus, dass das Thema der privaten Unterbringung großes Konfliktpotenzial bot. „Wir haben früh darauf hingewiesen, dass man gut abwägen soll, ob beispielsweise genug Raum zur Abgrenzung vorhanden ist, und dass den Gastgebenden klar sein muss, dass es sich nicht um Feriengäste handelt, sondern um Menschen in einer Extremsituation“, so Irene Porsch. „Und wir haben den Betroffenen, die bereits in einer Krisensituation steckten, geraten, sich bei den Fachdiensten der Caritas Hilfe zu holen.“ Mit dem Thema war der DiCV auch stark in den sozialen Medien und in der Presse vertreten, der Deutsche Caritasverband hat einen Leitfaden für die private Unterbringung entwickelt.
Zum Herbst konnten, finanziert durch Caritas 4U, eigens Beratungsstellen für die private Unterbringung eingerichtet werden.
Nähere Informationen finden Sie hier.
Irene Porsch
Zukunftsinitiative Klimaschutz
Bis 2030 soll die Caritas bundesweit klimaneutral werden – so der Beschluss der Delegiertenversammlung des Deutschen Caritasverbandes 2020. Als Klimaschutzbeauftragte koordiniert Dr. Vera Bünnagel die notwendigen Schritte, um als Diözesan-Caritasverband (DiCV) bestmöglich zu diesem Ziel beizutragen. Der Kölner Verband wurde dazu als einer von bundesweit 100 Pilotstandorten im Projekt „Klimaschutz in Caritas und Diakonie“ ausgewählt.
Bruno Schrage, Friederike Lepper, Claudia Elschenbroich, Nadine Stricker, Dr. Vera Bünnagel, Elena Klein, Oliver Gondolatsch, Dominik Duballa (v.l.)
Fachtag zur klimabedingten Migration
„Von den Fluten vertrieben und von der Hitze erdrückt – Klimabedingte Migration als globale Herausforderung“ – so der Titel eines Fachtags, der anlässlich der MISEREOR-Fastenaktion „Es geht! Gerecht!“ im März 2022 stattfand. Neben der internationalen klimabedingten Migration ging es um die inländische anlässlich der Flut 2021. Kooperationspartner waren der Diözesan-Caritasverband und Aktion Neue Nachbarn.
Vertreter der MISEREOR-Partnerorganisation BARCIK aus Bangladesch schilderten im Rahmen des Fachtags eindrucksvoll, welche Auswirkungen der Klimawandel längst auf ihren Alltag hat. Obwohl sie zu denen gehören, die weltweit die wenigsten Treibhausgase ausstoßen, sind besonders die Menschen im globalen Süden von den Auswirkungen der Erderwärmung betroffen. Als Expertin erläuterte Dr. Fanny Thornton vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung die Auswirkung des Klimawandels auf die globale Migration. Carsten Düppengießer vom Fachdienst für Migration und Flüchtlingshilfe beim Caritasverband Euskirchen schlug den Bogen in die Region. Im Kreis Euskirchen verloren im Jahr 2021 viele Menschen durch die Flut ihr Zuhause, mussten sich zeitweise oder auch endgültig nach einer neuen Heimat umsehen – inländische Migration, verursacht durch die Folgen des Klimawandels. Besonders hart, so schilderte Düppengießer, traf es dabei die, die ohnehin schon wenig haben. Menschen, die vielleicht schon einmal fliehen und ihre Heimat hinter sich lassen mussten und die durch die Flutkatastrophe erneut vor dem Nichts standen, aber auch ein dreiviertel Jahr nach der Flut vor der Herausforderung stehen, in nur unzureichend von Flutschäden sanierten Wohnungen leben zu müssen.
Beiträge kamen auch von Youngcaritas und Fridays for Future, die Strategien und Ansätze aus der Klimabewegung erläuterten. Spannende Diskussionen zu einem wichtigen Thema, die wegen der Corona-Pandemie digital stattfinden mussten. Der Fachtag war eine Zusammenarbeit der Aktion Neue Nachbarn mit der Abteilung Weltkirche und Weltmission im Erzbistum Köln sowie dem bischöflichen Hilfswerk MISEREOR.
Fortbildungsreihe zum Energiesparen
Die aktuelle Energiekrise war Aufhänger für die Fortbildungsreihe „Energiesparen“ beim Caritas Campus, die gleichzeitig den Klimaschutzaspekt im Blick hat. Expertinnen und Experten informierten zu Themen wie Energiesparen in der Kita, in stationärer Altenhilfe oder am Büroarbeitsplatz.
So war etwa eine Dozentin vom Wissenschaftsladen Bonn dabei, die bereits seit Jahren nachhaltige Kitas zertifiziert, oder eine Expertin vom BUND Berlin, die im Projekt „KLIK green“ Klimaschutzprojekte im Gesundheitswesen umsetzt, und ein erfahrener Berater für Sozialunternehmen zur energieeffizienten Gestaltung des Pflegealltags in der stationären Pflege. Aufgrund der hohen Nachfrage in 2022 sind Wiederholungstermine in 2023 geplant, dann möglichst ergänzt um Angebote für den Bereich der Jugendhilfe und der Behindertenhilfe. „Viele Träger sind mit Anfragen auf uns zugekommen, sie beim Einsparen von Energie zu unterstützen“, sagt Dr. Vera Bünnagel, Klimaschutzbeauftragte beim DiCV, die die Reihe mit Heike Lammertz-Böhm und Nicola Buskotte konzipiert hat. „Neben dem Aspekt, Energie im eigenen Berufsalltag einzusparen, soll es für die pädagogischen Kräfte auch darum gehen, sprechfähig zu möglichen Hilfen der Caritas zu werden, beispielsweise zu allgemeinen Beratungsangeboten oder zum Stromsparcheck, den man auch digital oder per Telefon nutzen kann, wenn man keinen in der eigenen Stadt hat.“ Der Caritas Campus hat für Fortbildungen auf dem Gebiet des Klimaschutzes eine eigene Kategorie eingerichtet: CaritasCampus Klimaschutz.
Am 20. Dezember angelaufen ist auch eine interne Fortbildungsreihe zum Austausch der Mitarbeitenden mit Referenten und Geschäftsleitung zu den entscheidenden Themenfeldern des Klimaschutzes im beruflichen Kontext: Beschaffung und Ressourcenverbrauch, Ernährung, Mobilität und Gebäude. Alles Felder, auf denen Einsparungen möglich und Umdenken nötig ist. „Nach dem Experteninput steht der Gedankenaustausch im Mittelpunkt: Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Was geht mich das persönlich an?“, erklärt Vera Bünnagel. Das Format soll interessierten Mitgliedern zur Umsetzung im eigenen Verband angeboten werden.
Weitere Informationen: CaritasCampus Klimaschutz
Web-Sprechstunde für neue Kita-Leitungen
„Neu in der Leitung“ so lautet der Titel einer regelmäßigen Web-Sprechstunde für Kita-Leitende, die sich im ersten Jahr ihrer Aufgabe befinden oder nach Abwesenheit zurückkehren. Seit Juni 2022 sind sie einmal monatlich eingeladen, sich per Videokonferenz untereinander und mit den Fachberaterinnen und Fachberatern der Abteilung Tageseinrichtungen für Kinder auszutauschen.
Entstanden ist die Idee als Ergänzung zu den regelmäßigen Leitungstreffen in großer Runde. „Wir haben festgestellt, dass dabei vor allem von Kita-Leitungen, die die Aufgabe frisch übernommen haben, oder die nach längerer Abwesenheit, etwa nach der Elternzeit, zurückkehren, immer wieder ähnliche Fragen gestellt werden“, sagt Martin Gurk, der die Idee mitentwickelt hat. In der Web-Sprechstunde soll es gebündelt genau um diese Themen gehen: Wie begegnet man Eltern? Wie führt man Mitarbeitende? Erörtert werden auch praktische Fragen: Wie lange muss ich Unterlagen aufbewahren? Wie gehe ich mit Läusen oder anderen meldepflichtigen Krankheiten in der Einrichtung um? Da sich die Teilnehmenden vom eigenen Schreibtisch auszuschalten können, ist das Angebot auch in stressigen Zeiten gut in den Arbeitsalltag integrierbar.
„Meist bringt jeder der Teilnehmenden Themenvorschläge mit. In einer Runde mit Menschen in gleicher Arbeitssituation lassen sich Fragen und Probleme leichter ansprechen und gleichzeitig sind die Antworten für alle Anwesenden relevant“, sagt Martin Gurk. Im Anschluss an die Web-Sprechstunde werden alle Ergebnisse noch einmal in einer Mail oder auf einer digitalen Pinnwand zusammengefasst. Die Regelmäßigkeit der Treffen schaffe eine Gruppendynamik, die auch zu einem guten Austausch und einer Vernetzung der Leitungen untereinander führe, erklärt Martin Gurk. Für die Fachberaterinnen und Fachberater, die jeweils die neuen Kita-Leitungen aus ihrem Bezirk einladen, bietet die Sprechstunde gleichzeitig die Chance, zu den „Neuen“ ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen.
In den Kitas steht die Uhr auf 5 nach 12, der Fachkräftemangel hat das System an den Rand des Kollapses gebracht. Das Diskussionspapier „Kita-Teams vielfältiger denken“ zeigt Lösungsansätze. Es ist als Kooperation der Fachabteilung Tageseinrichtungen für Kinder im Diözesan-Caritasverband und einer Vielzahl von angeschlossenen Kita-Trägern entstanden. Fragen dazu an Abteilungsleiterin Dorothea Herweg.
Fachkräftemangel in den Kitas:
Diskussionspapier zeigt Lösungen
Kinder aus der Ukraine:
Orientierungshilfe für Kitas
Mit dem Zuzug geflüchteter Kinder aus der Ukraine standen auch Kindertageseinrichtungen vor vielen offenen Fragen. In der Abteilung Kinder, Jugend und Familie entstand mit der „Orientierungshilfe für Kitas“ ein umfassendes Paket mit Informationen zur rechtlichen Situation und praktischen Hinweisen. Drei Fragen zum Angebot an Mitautorin Britta Juchem, Kita-Fachberaterin beim Kölner Diözesan-Caritasverband.
Frau Juchem wie entstand die Idee zur Orientierungshilfe?
Britta Juchem: Zu Anfang herrschte große Unsicherheit unter den Leiter*innen, wie man mit Anfragen nach Betreuung umgehen soll. Etwa mit dem Konflikt, dass manche Familien hier schon lange auf einen Betreuungsplatz warten und jemand, der neu hierher kommt, vielleicht direkt einen bekommt. Es gab auch große Unsicherheit über die rechtliche Situation. Wie ist der Anspruch auf einen Platz? Wie läuft die Finanzierung? Wie ist damit umzugehen, wenn bei uns verpflichtende Impfungen oder Vorsorgeuntersuchungen nicht nachgewiesen werden können? Zu vielen Themen gab es von allen möglichen Stellen vereinzelte Informationen. Mit der Orientierungshilfe wollten wir diese Flut an Fakten bündeln und den Einrichtungen ein Paket schnüren, mit dem sie jeden Fall individuell betrachten können, wie ein Koffer voller unterschiedlicher Informationen und Ideen.
Die Situation war ja sehr dynamisch, wie oft mussten Sie die Orientierungshilfe anpassen?
Britta Juchem: Anfangs hat sich das alles in einem wahnsinnigen Tempo entwickelt. Die rechtliche Situation änderte sich ständig und wir mussten das Papier teilweise täglich aktualisieren. Seit dem Sommer ist es stabiler geworden. Wir haben auch immer wieder zusätzliche Informationen ergänzt, so finden sich praktische Tipps und Links für den alltäglichen Umgang in der Orientierungshilfe, etwa Bildkarten zur niedrigschwelligen Kommunikation oder Links zu guten Sprachübersetzungsapps. Wir haben Medientipps und Buchempfehlungen für Familien aus der Ukraine gesammelt und Hintergrundwissen über Land, Leute und Kultur zusammengestellt. Es finden sich Links zu Dolmetschern und Hinweise auf Hilfen zu Anmeldeverfahren oder Unterstützungsleistungen. Viele kleine Mosaiksteine, die nötig sind, um die Familien gut zu betreuen.
Wie stellt sich die Situation inzwischen dar, wie stark wird Betreuung nachgefragt?
Britta Juchem: Der große Andrang, den wir anfangs erwartet hatten, ist zunächst ausgeblieben. Das mag auch damit zu tun haben, dass die Familien erst einmal mit anderen Dingen beschäftigt waren. Auch die Bleibeperspektive spielt wahrscheinlich eine Rolle, viele haben gehofft oder hoffen, bald in ihre Heimat zurückkehren zu können. Im Juni 2022 wurden 82 Kinder in Kitas des Erzbistums auf einem Kitaplatz betreut, 15 in niedrigschwelligen Angeboten. Überhaupt sind die niedrigschwelligen Angebote häufig eine Brücke in die Betreuung und auch eine Alternative zur Ganztagsbetreuung. Wir haben da ein großes Engagement erlebt, beispielsweise in Kitas und Familienzentren, die ihre Turnhallen mehrmals in der Woche für Mutter-Kind-Treffs für Ukrainerinnen zur Verfügung gestellt oder Spielgruppen angeboten haben. Wie sich die Situation weiterentwickelt, wird von der Dauer des Krieges abhängen.
Flucht aus der Ukraine:
Damit Gastfreundschaft gelingt
In einer Welle der Hilfsbereitschaft und Solidarität haben viele Menschen im Erzbistum Köln Geflüchtete aus der Ukraine privat bei sich aufgenommen. Manche Gastfamilien und Aufgenommene fühlen sich überfordert und brauchen Unterstützung. Hier setzt „Caritas4U“ an, ein auch aus Spendenmitteln von Caritas international finanziertes Projekt.
In Nordrhein-Westfalen sind mehr als die Hälfte der Geflüchteten aus der Ukraine in privaten Haushalten untergekommen. Gerade zu Beginn des Krieges war die Bereitschaft groß, Geflüchtete privat aufzunehmen. Doch der Krieg dauert an, und was vielleicht einmal als Übergangslösung gedacht war, ist längst zur Dauerlösung geworden – ein Zustand, der Konfliktpotenzial birgt. Das zeigten Erfahrungen der Fachdienste für Integration und Migration und der Aktion Neue Nachbarn, erklärt Steffi Bös, die das Projekt beim Kölner Diözesan-Caritasverband koordiniert. So wurde die Idee der Moderatorinnen und Moderatoren entwickelt, die ideal in die Förderlinie „Private Unterbringung“ von „Caritas4U“ passt. Jeweils eine halbe Stelle wird dafür durch den deutschen Caritasverband in vier Caritas-Ortsverbänden – Köln, Bonn, Euskirchen, Wuppertal / Solingen – finanziert. Gestartet ist das Projekt im Oktober 2022, es läuft noch bis Ende 2023.
Die Moderierenden sollen Ansprechpersonen für beide Seiten sein und in Konflikten vermitteln. Ein Thema, bei dem es häufig knirscht, sind die Finanzen. „Die Energiekosten etwa sind enorm gestiegen – das stellt viele private Gastgeber_innen vor finanzielle Herausforderungen“, so Steffi Bös. Durch Gespräche und Informationen sollen die Moderatoren versuchen, zu vermitteln und Missverständnisse aus der Welt zu schaffen. Reicht das nicht aus, leiten sie weiter an entsprechende Fachstellen, sie fungieren als Schnittstellen zwischen den verschiedenen Diensten und arbeiten eng mit der Aktion Neue Nachbarn zusammen. Geflüchtete, die auf der Suche nach einer eigenen Wohnung sind, sollen ebenfalls unterstützt werden. „Die Moderatoren können Orientierung bieten und erst einmal darüber aufklären, wie der Wohnungsmarkt hier in Deutschland funktioniert. Sie können Tipps geben, was Vermietende erwarten und wie man sich auf eine Wohnungsbesichtigung vorbereitet“, erklärt Steffi Bös.
Mit Kunst und Kultur zu mehr Teilhabe
Im Projekt „Deine.ART: Kunst und Kultur für Integration“ haben sich in den letzten zwei Jahren mehr als 450 Teilnehmende aus fünf caritativen Verbänden im Erzbistum Köln in künstlerische Angebote eingebracht. Es wurde gemalt, gesungen, fotografiert, getanzt und viel Gemeinschaft erlebt. Das Projekt soll das Selbstbewusstsein von Geflüchteten stärken und so Integration fördern.
An den Standorten Bonn, Köln, Mettmann, Düsseldorf und Frechen wurden im Rahmen des Projekts viele kreative Ideen auf den unterschiedlichsten kulturellen Feldern umgesetzt. Bewusst niederschwellige Angebote mit dem Ziel, Geflüchtete, vor allem auch Frauen, in Selbstbewusstsein und Selbstwert zu stärken und sie zur gesellschaftlichen Teilhabe zu ermutigen. Anknüpfen konnten die Verantwortlichen an einigen Standorten an die Erfahrungen aus dem erfolgreichen Vorgängerprojekt „Selbstwert ist Mehrwert“, Gelder kamen unter anderem vom Europäischen Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF), die Koordination lag beim Diözesan-Caritasverband.
Eine besondere Herausforderung waren auch hier die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie. „Dass das Projekt trotz Corona so erfolgreich war, ist der Verdienst der Mitarbeitenden vor Ort. Sie haben viele kreative Lösungen gefunden, damit Aktionen trotzdem stattfinden und weitergehen konnten“, berichtet Koordinatorin Steffi Bös. „Veranstaltungen wurden kurzerhand in Parks verlegt, es gab digitale Treffen und für manche Aktionen haben die Mitarbeiterinnen sogar Materialpakete zu den Teilnehmenden nach Hause gebracht.“ Wie etwa für das Angebot „Dein Licht im Ramadan“ in Bonn. Für die Herstellung von hübschen Windlichtern gab es die Anleitung online via Zoom. Zuvor hatten Mitarbeiterinnen kleine Materialpakete gepackt und verteilt.
Viele bunte Projekte
In Bonn komplettierten neben der Kreativwerkstatt und einem Gesprächskreis für Frauen unter anderem Ausflüge zu kulturellen Zielen und Veranstaltungen in der Umgebung das Angebot. Beim Caritasverband in Düsseldorf stand alles im Zeichen der Musik. So wurde etwa das erfolgreiche Chorprojekt fortgesetzt, das bereits unter „Selbstwert ist Mehrwert“ gegründet wurde. Außerdem gab es Angebote zu Bodypercussion, zum Trommeln oder zu Entspannung zu Musik. Gesungen und getanzt wurde auch beim SkF im Rhein-Erft-Kreis, der Schwerpunkt lag hier jedoch auf kreativen Konversations- und Begegnungsangeboten sowie verschiedenen kunstpädagogischen Workshops. In einer großen Sommerferienaktion wurde außerdem gemeinsam mit Ehrenamtlichen und Geflüchteten der Außenbereich einer Gemeinschaftsunterkunft neu gestaltet: Es wurde gemalt, gebaut und bepflanzt.
Beim Sozialdienst katholischer Frauen und Männer in Mettmann lautete das Ziel: Empowerment durch kreative Workshops und gezieltes Coaching für Frauen, zusätzlich gab es ein Foto- und ein Nähprojekt. Kreativ-Camps in den Bereichen Malen, Gestalten und Schreiben wurden von IN VIA Köln angeboten, großartige Fotoprojekte gehörten hier ebenfalls zum Programm. Dabei zeigte sich, wie man die Herausforderungen der Pandemie auch künstlerisch in die Arbeit einbeziehen kann, ein Fotoprojekt setzte das Thema „Kontakt“ mit der Verwendung von Spuckschutzwänden um. Beim Fotowettbewerb „Stadtgrün“ wiederum waren die Teilnehmenden aufgefordert, mit dem Handy ihre neue Umgebung zu erkunden und im Bild festzuhalten, wo sich Natur in der Stadt findet.
Wie ein Urlaub
Ab dem Sommer 2022 fanden außerdem verschiedene Kreativtage für alle Teilnehmenden in Köln und Bonn statt. Steff Bös erfuhr hier noch einmal aus erster Hand, welch hohen Stellenwert das Projekt bei den Beteiligten hat. „Eine Teilnehmerin erzählte mir, dass sie durch die Aktivitäten im Projekt zum ersten Mal seit ihrem Neustart in Deutschland überhaupt aus ihrer Stadt herauskommen sei. Für die Frauen ist die Teilnahme eine große Errungenschaft“, so Steffi Bös. „Viele haben mir erklärt, am Kreativtag teilzunehmen, fühle sich für sie an wie Urlaub. Endlich mal einen Tag nur an sich selbst denken, nicht an die Sorgen des Alltags, an Aufenthaltsstatus oder familiäre Probleme.“ Viel positives Feedback gab es auch bei der großen Abschlussveranstaltung im September, ebenfalls in Köln.
Damit die Erfolgsgeschichte hier nicht endet, ist der Antrag für ein Anschlussprojekt bereits gestellt. Der Schwerpunkt soll dann ausgehend von den Erfahrungen erweitert werden. So soll der Kreativ-Schwerpunkt um niederschwellige Bildungsangebote ergänzt werden, etwa zu Gesundheits- und Nachhaltigkeitsthemen und zu digitaler Bildung. Außerdem soll ein noch stärkerer Fokus auf dem Empowerment von neuzugewanderten Frauen liegen: Angebote wie Selbstbehauptungstrainings und geschützte Austauschräume nur für Frauen sollen das Angebot abrunden.
Hitzefrei in Pflegeeinrichtungen
Wie warm wird es an heißen Sommertagen in Alten- und Pflegeheimen? Diese Frage war Grundlage des Projekts „Sommerzeit – Hitzefrei!“. Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeeinrichtungen haben dafür die Temperaturen in ihren Zimmern gemessen. Heraus kam ein Durchschnittswert von 26,9 Grad sowie die Erkenntnis: Es besteht Handlungsbedarf.
Die Schlagzeilen tauchen so sicher auf, wie ein Gewitter auf die Hitzeperiode folgt: Jedes Jahr in den Sommermonaten berichten Medien darüber, dass Bewohnende in Pflegeeinrichtungen zu hohen Temperaturen ausgesetzt sind. „Mit dem Projekt ‚Hitzefrei‘ wollten wir dieses formulierte Bauchgefühl verifizieren, und das, indem wir die Bewohnerinnen und Bewohner beteiligen und sie fragen: Wie warm ist es bei euch?“, erklärt Helene Maqua, Abteilungsleiterin Altenhilfe. 98 Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege in NRW haben sich an der Umfrage beteiligt. 198 Bewohnende haben an zehn aufeinanderfolgenden Tagen zwischen dem 15. Juli und dem 15. August die Temperatur in ihren Zimmern gemessen, diese in eine Tabelle eingetragen und dazu notiert, ob sie die Wärme als noch angenehm oder schon als zu warm empfanden. Der Durchschnittswert der ermittelten Daten lag bei 26,9 Grad. Bei fast einem Drittel der Messungen waren es 28 Grad oder mehr. Bis 26 Grad wurde die Wärme von den Bewohnenden nach eigener Auskunft noch als angenehm empfunden, darüber hinaus aber nicht mehr. „Wir haben jetzt zum ersten Mal Zahlen in der Hand“, resümiert Helene Maqua. „In allen Einrichtungen gibt es Konzepte, die bei Sommerhitzeperioden zum Einsatz kommen, wie etwa Abkühlungen, zusätzliche Getränke und verstärktes Lüften. Allerdings können die Konzepte nicht die Beschaffenheit der Gebäude beeinflussen.“
Die Schlagzeilen des Sommers konnten so mit den vorhandenen Daten unterfüttert werden, die Ergebnisse der Befragung waren bereits Thema von Presseberichterstattung. Außerdem sind sie Verhandlungsgrundlage für weitere Gespräche mit der Politik. So gab es als Konsequenz aus dem Projekt „Sommerzeit – Hitzefrei!“ eine Kleine Anfrage der SPD-Abgeordneten Lisa-Kristin Kapteinat im Landtag zum Thema „Unzureichender Hitzeschutz in Nordrhein-Westfalens Altenheimen“. Das Land, so die Antwort darauf, sieht sich zunächst nicht in der Pflicht, Hitzeschutzmaßnahmen zu fördern, da diese schon beim Bau hätten berücksichtigt werden müssen. Doch das Thema ist in der Welt – und das nicht nur in den heißen Wochen des Jahres. Diözesan-Caritasdirektor Dr. Frank Johannes Hensel hat gemeinsam mit dem Arzt und Fernsehmoderator Eckart von Hirschhausen – beide sitzen im Nachhaltigkeitsbeirat der Landesregierung – über eine Stiftung eine Initiative zur Begrünung von Dach und Fassade einer Pflegeeinrichtung gestartet, die Machbarkeit wird gerade noch geprüft. Ein Schritt, der dafür sorgt, dass das Thema weiter diskutiert werden wird.
Peer-Beratung auf gutem Weg
Noch bis Juni 2023 läuft das Projekt „Peer-Beratung im Tandem-Modell“, kurz PiT, der Diözesan-Caritasverbände Köln und Paderborn für Menschen mit Beeinträchtigungen. Schon jetzt ist die Bilanz eine rundum positive. Für die Teilnehmenden ist der größte Erfolg ihr Gewinn an Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen.
Bei PiT beraten Menschen mit Beeinträchtigungen Frauen und Männer in gleicher Lebenssituation zu Themen des Alltags. Trotz Startschwierigkeiten durch die Corona-Pandemie konnten 88 Peer-Beratende in elf beteiligten Einrichtungen geschult werden, außerdem 35 Fachkräfte als Tandempartnerinnen und -partner. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig, das hat sich im Lauf des Projekts gezeigt. „Neben der klassischen Eins-zu-eins-Beratung haben sich ganz unterschiedliche Settings herauskristallisiert“, so Michaela Borgmann, Koordinatorin des von der Aktion-Mensch-Stiftung geförderten Projektes beim DiCV in Köln. „Es gibt Peers, die machen Infoveranstaltungen, andere sind eher als Paten oder Mentoren tätig oder bieten Gruppengespräche an. Eine Werkstatt etwa hat einen Peer-Berater in der Förderschule angedockt, um dort Abschlussklassen per Videokonferenz über Angebote zu informieren.“
Nach erfolgreicher Schulung und fünf gemeinsam mit dem Tandempartner absolvierten Beratungsgesprächen erhalten die Peer-Beratenden zusätzlich ein Zertifikat. Die festlichen Übergaben, an denen auch Michaela Borgmann teilnimmt, bieten Gelegenheit für ein Feedback und zeigen den Erfolg des Projekts. „Von den Peers höre ich immer wieder: Ich bin selbstbewusster geworden. Ich kenne jetzt meine Stärken. Es tut mir gut, dass ich Menschen aufgrund meiner eigenen Erfahrungen unterstützen kann“, so die Projetkoordinatorin. Erkenntnisse, die inzwischen auch wissenschaftlich belegt sind, durch einen Bericht vom Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft.
Ein Fokus lag zuletzt auf den Multiplikatoren Schulungen, die Michaela Borgmann gemeinsam mit Projektleiterin Christina Habig vom DiCV Paderborn entwickelt hat, um das Konzept an Fachkräfte in den Einrichtungen weiterzugeben, 35 Multiplikatoren wurden so bereits geschult, eine Teilnehmerin sogar in Würzburg. Als ein großer Erfolg wird die Zusage des Kostenträgers Landschaftsverband Rheinland bewertet, das Schulungskonzept für die Bezuschussung der ausgebildeten Peers zu akzeptieren. „Das alles bestärkt uns darin, dass wir auf einem guten Weg sind, auch über die Caritas und die Grenzen von Köln und Paderborn hinaus“, freut sich Michaela Borgmann.
Virtueller Begleiter für das Leben zuhause
Im Rahmen des Projekts „e‑VITA – European-Japanese Coach for Smart Ageing“ soll ein virtueller Coach entwickelt werden, der ältere Menschen dabei unterstützt, gesund und aktiv im eigenen Zuhause zu altern. 22 Organisationen sind in Europa und Japan an dem durch die EU geförderten Projekt beteiligt, der Diözesan-Caritasverband ist eine von ihnen.
„Bei e-Vita geht es um Gesundheitsförderung und Prävention“, sagt Johanna Möller, zuständig für das Projekt beim DiCV. Innerhalb von drei Jahren soll in Studien ermittelt werden, was sich ältere Menschen von einem virtuellen Trainer wünschen, welche Funktionen er haben sollte und wie sich dies technisch umsetzen lässt. Gestartet Anfang 2021, ging es im ersten Jahr zunächst darum, durch Befragungen die Bedürfnisse der Zielgruppe zu ermitteln. „Wir haben Interviews mit potenziellen Nutzer*innen und mit Stakeholdern , die mit älteren Menschen zu tun haben, geführt“, erklärt Johanna Möller. Zeitgleich wurden auch in Frankreich, Italien und Japan ältere Erwachsene befragt. Dabei kam unter anderem heraus, dass den Interviewten Aktivitäten und eine feste Tagesstruktur wichtig sind. Datenschutz war ebenfalls ein großes Thema, wie auch eine gute Finanzierbarkeit des Angebots. In Bezug auf die Gestalt des virtuellen Coaches herrschte überwiegend die Meinung, dass das Aussehen nicht zu realistisch sein dürfe, da dies eher Befremden auslösen könne.
Humanoider Roboter oder Engelsgestalt
Aus den Ergebnissen der Befragungen wurde ein Prototyp des virtuellen Trainers entwickelt. Dieser wurde 2022 im Rahmen einer Pilotstudie unter anderem von sechs älteren Menschen im Erzbistum Köln getestet. Zum Einsatz kamen die so genannte Gatebox, die den Coach als Hologramm mit einem 3-D-Effekt erscheinen lässt, und das Modell Nao (Foto), ein kleiner humanoider Roboter. Zusätzlich wurden eine Reihe von ergänzenden Sensoren getestet, wie ein Neuro-Feedback-Stirnband für kognitives Training oder Raumluft- und Bewegungs-Sensoren sowie ein Smartphon mit einer App, in der alle Anwendungen zusammen laufen. „Hier ging es darum herauszufinden, ob die Anwendung, wie wir sie uns vorstellen, umsetzbar ist und Hinweise zu Akzeptanz und Benutzerfreundlichkeit zu sammeln“, so Johanna Möller.
Die Ergebnisse aus der Pilotstudie sollen nun ausgewertet und dazu genutzt werden, den Coach für die im Jahr 2023 folgende Proof-of-Concept Studie anzupassen. Bis zu 20 Personen sollen dann für sechs Monate verschiedene Geräte testen. Zum Einsatz kommen soll unter anderem auch der Prototyp „Celeste“ für Menschen mit christlich-katholischem Hintergrund. Das Gerät, das die Gestalt eines Engels hat, enthält die komplette Bibel, auch gemeinsames Beten könnte programmiert werden.
Prüfung durch Ethikkommission
„Im Rahmen der Studie wollen wir verschiedene Felder betrachten – wie die körperliche Aktivität, die Kognition, die Vitalität und die soziale Aktivität“, erklärt Johanna Möller. „Langfristig könnte ein Ziel sein, dass sich einsame Menschen über den virtuellen Coach mit anderen Menschen vernetzen können.“ In der Überlegung sei noch, wie proaktiv die Anwendung sein und beispielsweise zu körperlichen Aktivitäten anregen solle. „Wenn registriert wird, dass der Nutzende lange nicht körperlich aktiv war, könnte der Coach beispielsweise darauf hinweisen: Geh doch mal wieder spazieren“, nennt Johanna Möller ein Beispiel. All dies müsse sorgfältig bedacht werden. Vor Beginn der Studie wird das geplante Vorgehen durch die Ethikkommission Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft e.V. im Hinblick auf ethische Aspekte überprüft. Das Projekt, das noch bis Ende 2023 läuft, wird aus Mitteln des EU-Programms „Horizont 2020“ für Forschung und Innovation und des japanischen Innenministeriums gefördert. Eine Beteiligung Japans war von der EU ausdrücklich gewünscht, da die technische Entwicklung auf dem Gebiet dort schon sehr viel weiter fortgeschritten ist.
Neue digitale und hybride Kommunikationswege in der Beratung
Wie beantragen Ratsuchende online Leistungen und Unterstützungen, wenn es ihnen sowohl an technischer Ausstattung als auch an digitaler Kompetenz fehlt? Diese Frage stellten sich der Caritasverband Bonn, der SKM Köln und die Universität Köln, die mit Hilfe der Stiftung Wohlfahrtspflege im Oktober 2022 ein innovatives Projekt auf den Weg gebracht haben.
Denn mit Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes werden Bescheide von Behörden künftig nicht mehr per Post verschickt, sondern beispielsweise in Form eines Benutzerkontos digital auf einer Plattform hinterlegt. Damit die Klientinnen und Klienten hierbei nicht abgehängt werden und problemlos mit den kommunalen Verwaltungen kommunizieren können, wird mit der„Telefonzelle 4.0“ ein ehrenamtlich geführtes Unterstützungsangebot in der Beratungsstelle Arbeit in Bonn-Tannenbusch und der Jugendeinrichtung Lucky’s Haus in Köln-Bilderstöckchen erprobt. Die Nutzerinnen und Nutzer lernen den eigenständigen Umgang mit dem Computer, Formulare online auszufüllen, Infos zu recherchieren und sich gegebenenfalls auch online beraten zu lassen.
Als nächster Schritt sollen nach wissenschaftlicher Evaluation die Beratungssettings in der Allgemeinen Sozialberatung (Bonn) und Schuldnerberatung (Köln) angepasst und überarbeitet werden. Konkret gilt es zu überlegen, welche hybriden Beratungsformen einsetzbar sind und in welchem Umfang die Büroausstattung der Beratungsstellen anzupassen ist, um der fortschreitenden Digitalisierung auch im (Fach-)Beratungsgespräch zu begegnen. In Zukunft wird der Beratende gemeinsam mit dem Ratsuchenden kein Schriftstück in Papierform mehr anschauen, sondern das Dokument etwa auf dem Bildschirm eines Tablets betrachten. Sprich: Auch die Face-to-Face-Beratung wird mehr digitale Elemente vorhalten und der Beratungsalltag wird hybrid.
Telefonzelle 4.0
Etappensieg für Klageverfahren gegen Ausschreibung von Schulbegleitung
Im Klageverfahren gegen die Ausschreibung von Integrationshelferleistungen an Düsseldorfer Schulen, das von der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege (LAG) unterstützt wird, ist ein Etappensieg errungen. Als nächstes steht die Entscheidung des Bundessozialgerichts an, von der Signalwirkung ausgehen wird. Drei Fragen dazu an Stefanie Hermanns, Leiterin der Stabsabteilung Recht.
Frau Hermanns, können Sie kurz die Ausgangslage schildern?
Stefanie Hermanns: Ausgangspunkt war die Entscheidung der Stadt Düsseldorf im Jahr 2016, Integrationshelfer-Leistungen erneut nach einem vergaberechtlichen Verfahren auszuschreiben. Die Schulbegleitung für Kinder mit Behinderung an rund 85 Düsseldorfer Schulen sollte nur noch von wenigen, durch die Stadt im Vergabeverfahren ausgewählten, Trägern allein übernommen werden. Begründet wurde dies unter anderem damit, einen Personalpool mit der Schulbegleitung beauftragen zu können. Auf Grundlage des gesetzlich geregelten Leistungserbringungsrechts hingegen hatten alle geeigneten Träger die Möglichkeit, Schulbegleitung anzubieten und mit der Stadt eine Vereinbarung abzuschließen. Eltern und Kinder konnten einen Träger aussuchen, der zu ihnen passte, sowohl auf persönlicher wie auf weltanschaulicher oder religiöser Ebene. Durch das Ausschreibungsverfahren sahen wir dieses Recht der Träger auf Abschluss einer Vereinbarung und das im Sozialgesetzbuch festgeschriebene Wunsch- und Wahlrecht im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis ausgehebelt und die Trägerpluralität in Gefahr. So haben wir die Träger ermutigt, mit finanzieller Unterstützung durch die LAG gegen die Stadt Düsseldorf zu klagen, zwei haben das schließlich auch getan.
Wie lief das Verfahren?
Stefanie Hermanns: Das Sozialgericht Düsseldorf lehnte die Klage ab. Die klagenden Träger zogen daraufhin, auch auf unseren Rat hin, in die nächste Instanz vor das Landessozialgericht. Dort bekamen sie schließlich in einem Urteil von März 2022 in allen Punkten Recht, demnach hätte die Ausschreibung nicht durchgeführt werden dürfen. Die Stadt Düsseldorf hatte zwischenzeitlich 2021 eine zweite Ausschreibung auf den Weg gebracht, nachdem der Zeitraum, für den die erste Ausschreibung gültig war, abgelaufen war. Auch gegen diese zweite Ausschreibung ist ein Träger mit Unterstützung der LAG im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorgegangen und war damit in der Beschwerdeinstanz vor dem Landesozialgericht erfolgreich. Das ist nun der Stand: Wir haben zwei sehr erfreuliche landesgerichtliche Entscheidungen. Allerdings hat die Stadt Düsseldorf vor dem Bundessozialgericht Revision gegen das Berufungsurteil aus März 2022 eingelegt. Die Revisionsbegründung ist uns inzwischen zugeleitet worden. Wir verfolgen das weiter und unterstützen die Träger, die in diesem Fall die Revisionsbeklagten sind.
Welche Bedeutung hat das Urteil über diese einzelne Klage hinaus?
Stefanie Hermanns: Wir hoffen, dass vor dem Bundessozialgericht endgültig geklärt wird, dass die Ausschreibung rechtswidrig war und dass im Ergebnis die besondere Bedeutung der Grundprinzipien des Wunsch- und Wahlrechts und der Trägerpluralität höchstrichterlich bestätigt wird. Eine Entscheidung hätte Signalwirkung weit über die Vorgänge in Düsseldorf hinaus. Sie würde in Bezug auf alle sozialen Dienstleistungen im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis auch in anderen Rechtsbereichen, wie zum Beispiel im SGB VIII, die wie die Schulbegleiter-Leistungen auf dem Vereinbarungswege zu erbringen sind, Rechtssicherheit bringen. Wir rechnen allerdings mit einer längeren Verfahrensdauer.
Stefanie Hermanns
Vier neue Standorte im Erzbistum Köln
Die youngcaritas gibt es seit Oktober 2021 auch in Bonn, Köln, Leverkusen und Neuss – und somit inzwischen neun Mal im Erzbistum Köln. Durch die Förderung der Glücksspirale konnte die Koordination für das Ehrenamts-Engagement junger Menschen an den vier zusätzlichen Standorten realisiert werden.
„Wir wollen die Möglichkeit für junge Leute eröffnen, sich an möglichst vielen Orten im Bistum niedrigschwellig, projektbezogen einbringen zu können, um ihnen so die Scheu vor dem Ehrenamt zu nehmen“, sagt Elena Klein, zuständig für die Koordination der youngcaritas beim Diözesan-Caritasverband.
Kleine Aktionen, die die Möglichkeit bieten, sich auch mal nur für wenige Stunden für eine Sache stark zu machen. Gerade in Studienstädten wie Köln oder Bonn habe es häufig Anfragen für solche Projekte gegeben, berichtet Elena Klein. Durch die Glücksspirale-Förderung, die noch bis Herbst 2024 läuft, bot sich die Möglichkeit, dort wie auch in Leverkusen und Neuss, Stellen für youngcaritas zu schaffen. An drei Standorten haben Studierende diese Aufgabe übernommen und leisten somit quasi Peer-Arbeit. „Sie haben besonders gut im Blick, was für Gleichaltrige interessant sein könnte“, sagt Elena Klein.
Die Schwerpunktsetzung ist vielfältig. So gab es in Köln bislang viele Aktionen für Geflüchtete aus der Ukraine, wie etwa einen regelmäßigen Spielenachmittag für ukrainische Kinder. „Eine Ausrichtung, die zum Projektstart noch gar nicht absehbar war. Aber das ist das Gute an youngcaritas, dass wir sehr ad hoc auf Bedürfnisse reagieren können“, so die youngcaritas-Koordinatorin. In Bonn lag die Schwerpunktsetzung bisher auf Diversity- und Umwelt-Projekten wie etwa Workshops zu diesen Themenfeldern. In Leverkusen ist die Arbeit mit geflüchteten Jugendlichen, die bereits länger in Deutschland leben, ein zentraler Punkt. In Neuss gibt es eine Reihe von Aktionen zur Suchtprävention unter der Regie von youngcaritas.
Weitere Informationen unter: www.youngcaritas.de
Platz für Toleranz – ein Projekt der youngcaritas Oberberg: Film
Förderberatung aus einer Hand
Woher bekommt man mögliche Fördergelder für neue Projekte? Welche Fördertöpfe oder Stiftungsgelder kommen zur Finanzierung einer bestimmten Idee infrage? Beratung zu diesen Fragen findet seit 2021 gebündelt bei der Stabsabteilung Stiftungen und Fundraising statt.
Bei Verena Mogge laufen alle Fäden zusammen. Sie ist Ansprechpartnerin für die Verbände, die neue Projekte realisieren möchten, und überlegt gemeinsam mit ihnen, welche Fördermöglichkeiten es gibt, ob eventuell Stiftungsgelder oder Mittel von Soziallotterien beantragt werden können und welche Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartner aus dem Bereich des DiCV noch ins Boot geholt werden sollten. Außerdem ist seit 2021 auch die Beratung zur Beantragung von EU-Fördermitteln in der Abteilung angesiedelt. Thomas Hoyer, Leiter der Stabsabteilung, zieht bereits jetzt eine positive Bilanz. „Die Nachfrage nach Beratung hat sich deutlich erhöht“, so Thomas Hoyer. „Es sind viel mehr Verbände auf uns zugekommen und haben konkrete Projektanfragen gestellt, als es in der Vergangenheit der Fall war. Bei uns finden sie jetzt eine zentrale Stelle, an die sie sich wenden können, und müssen nicht mehr im Haus nach dem richtigen Ansprechpartner suchen.“
4,2 Millionen Euro für Digitalisierung
„Zugänge erhalten – Digitalisierung stärken“, so der Titel eines Sonderprojekts der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW, aus dem 4,2 Millionen Euro in die Digitalisierung bei den Verbänden des DiCV geflossen sind. 79 Projekte wurden 2020 und 2021 mit dem Geld gefördert. Die Stabsabteilung Stiftungen und Fundraising hat die Verbände bei der Antragstellung gemeinsam mit weiteren Abteilungen aus dem DiCV gezielt beraten und Informationsveranstaltungen mit Experten aus unterschiedlichen Abteilungen des DiCV dazu organisiert. „Wir waren sehr vernetzt im DiCV unterwegs, um zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Abteilungen die Verbände so zu informieren, dass sie innerhalb der gebotenen Fristen möglichst erfolgreich Förderanträge stellen konnten“, so Thomas Hoyer. Das hat gut funktioniert, mit 4,2 Millionen Euro an Fördergeldern hat die Initiative reiche Früchte getragen. „Auf der Ortsebene wurden so verschiedenste Digitalisierungsprojekte auf den Weg gebracht. Viele Verbände haben davon profitiert und dadurch nochmal einen Entwicklungsschub bekommen“, sagt Thomas Hoyer. Die Stiftung Wohlfahrtspflege hatte das Programm als Konsequenz aus der Lockdownzeit der Corona-Pandemie aufgelegt. Damals hatte sich offenbart, dass es in den Bereichen der Sozialen Arbeit noch viel Nachholbedarf bei der Digitalisierung gab, um Angebote auch online aufrechterhalten zu können.
Umzug ins Netz
Die neue, monatliche Veranstaltungsreihe „CaritasStiftung im Gespräch“ möchte Fachexperten und interessierte Menschen zu den unterschiedlichsten Themen zusammenbringen. Von der Patientenverfügung über die Vorsorgevollmacht und Testamentsgestaltung bis hin zur Smartphone-Schulung reicht das Angebot. Als Treffen in Präsenz während der Corona-Pandemie nicht mehr möglich waren, wurde das Format kurzerhand ins Netz verlagert, Vorträge wurden per Videokonferenz angeboten – ein Erfolgsmodell, das fortgesetzt werden soll. „Die digitalen Angebote wurden sehr gut angenommen. Die Resonanz war sehr viel höher, als wir es erwartet hatten“, resümiert Thomas Hoyer. Eine Idee, aus der Not geboren und in der Praxis höchst erfolgreich – bei manchen Veranstaltungen nahmen bis zu 100 Interessierte teil. Dies zeige, dass das digitale Format in diesem Bereich sehr gut geeignet sei. „Ein bis anderthalb Stunden konnten sich die Menschen zu einem Thema informieren, konnten Fragen stellen, sich in kompakter Form fortbilden, das kam sehr gut an und war für einige Teilnehmende sogar attraktiver als ein Präsenzformat“, so Thomas Hoyer. Berührungsängste mit dem digitalen Angebot gab es bei den überwiegend älteren Teilnehmenden keine. „Die Menschen waren sehr aufgeschlossen, unsere älteste Teilnehmerin war 95 Jahre alt.“ Zwar finden inzwischen auch wieder Veranstaltungen in Präsenz statt, das digitale Angebot soll aber ebenfalls beibehalten werden, künftig soll es einen Mix aus beidem geben.
Großes Interesse am „Stiften mit Geld-zurück-Garantie“
Das so genannte Stifterdarlehen ist eine Art „Stiften auf Probe“, Menschen können in diesem Rahmen eine bestimmte Summe Geldes auf Zeit an die CaritasStiftung geben. Die Zinsen und Erträge, die damit erwirtschaftet werden, kommen Stiftungszwecken zugute, der Gebende kann sein Geld jederzeit zurückverlangen. Ein Instrument, das in den vergangenen zwei Jahren sehr erfolgreich war. „Das Stifterdarlehen ist ein sehr gutes Mittel für Interessierte, um mit unserer Stiftung in Kontakt zu kommen“, sagt Thomas Hoyer. „Unsere Hoffnung ist natürlich, dass sich aus einem Darlehen irgendwann einmal eine Zustiftung entwickelt“. Grund für die große Nachfrage in den letzten Jahren war neben intensiver Werbung für das Angebot sicher auch die Situation an den Kapitalmärkten. So mussten bei vielen Banken für größere Geldsummen oft Verwahrentgelte gezahlt werden, wer sein Geld in der Stiftung „parkte“ musste dies nicht und konnte gleichzeitig Gutes tun.
Serviceangebot für selbstständige Stiftungen
Eine weitere Neuerung ist das Angebot der Betreuung rechtlich selbstständiger Stiftungen. Zielgruppe sind Stiftende, die sich nicht mehr selbst um die Verwaltung ihrer Stiftung kümmern können oder wollen. Hier springen die Experten der Caritas ein und unterstützen bei Managementfragen aller Art, angefangen bei der Buchhaltung, über die Zweckverwirklichung bis zur Steuererklärung unter Einbindung externer Berater. „Wir hatten häufiger Anfragen in diese Richtung und haben uns an das Thema herangetastet“, sagt Thomas Hoyer. Inzwischen sind es zwei Stiftungen, die auf diese Art unterstützt werden, aber das Potenzial ist weit größer, davon ist Hoyer überzeugt. „Das Angebot hat Zukunft, wir merken schon jetzt, dass Anfragen kommen, dass Menschen sagen, wir wollen uns weiter um die gute Sache kümmern aber schaffen es nicht mehr, die Verwaltung zu stemmen.“ Entscheidend ist, dass der Stiftungszweck zur Caritas passt. „Wir verstehen uns als Partner anderer Stiftungen, die sich im gleichen Spektrum engagieren wie wir, und wollen so Themen aus dem kirchlichen und caritativen Bereich absichern“, so Hoyer. So wird das Serviceangebot etwa für die Cornelius-Stiftung erbracht, die Projekte für Kinder suchtkranker Eltern fördert und viel mit SKM und SkF in Köln zusammenarbeitet. „Hier helfen wir dem Stifter bei seiner Arbeit und sorgen gleichzeitig dafür, dass wichtige Caritas-Projekte weiterlaufen können, eine win-win-win-Situation für alle Seiten, wenn man so will“, erklärt Thomas Hoyer.
Millionen an Extraspenden für Aktion Lichtblicke
Drei große Krisen waren in den vergangenen drei Jahren Anlass für besondere Spendenaufrufe der Aktion Lichtblicke der NRW-Lokalradios. Im Jahr 2020 galt die Unterstützung Familien, die von Corona besonders betroffen waren, 2021 waren die Opfer der Flutkatastrophe Adressaten der Spenden, im Jahr 2022 kam das Geld Geflüchteten aus der Ukraine zugute. In allen drei Fällen kamen große Spendensummen zusammen, besonders herausragend war hier die Fluthilfe, für die allein 12,4 Millionen Euro gesammelt wurden. „Es war eine große Verantwortung gegenüber den Spendenden und eine Herausforderung für unsere relativ kleine Organisation, diese Gelder gezielt weiterzugeben,“ so Thomas Hoyer. Mithilfe der Wohlfahrtsverbände, Kommunen, Lokalstationen und Kirchengemeinden vor Ort sei dies aber gut gelungen. „Es kamen viele Förderanträge, es wurden viele Unterstützungen ausgesprochen, so dass wir mittlerweile 85 Prozent der Mittel weitergeben konnten, viele tausend Menschen haben schon davon profitiert.“ Die Aufgaben in diesem Bereich gehen aber noch weiter, weitere Mittel stehen zur Verfügung und es wird auch noch längerfristig mit Anträgen gerechnet.
Für die Ukraine-Hilfe sind 4,2 Millionen Euro zusammengekommen, von denen im November 2022 bereits 90 Prozent ausgegeben waren. Mit einem Drittel der Gelder wurden gezielt Projekte hier vor Ort für Geflüchtete aus der Ukraine gefördert, zwei Drittel wurden an Caritas international und Diakonie Katastrophenhilfe weitergeleitet, um in der Ukraine zu helfen. In der Corona-Pandemie kamen mehrere hunderttausend Euro an Spenden für Familien zusammen, die in der Pandemie in Not geraten waren, eventuell durch Job-Verlust oder Kurzarbeit. „Unser Markenzeichen ist es, schnell und unbürokratisch zu helfen und ich denke, das haben wir in allen drei Fällen gut umgesetzt“, so Thomas Hoyer.
Verena Mogge
Thomas Hoyer
„win win für Alle!“ – Ehrenamtskonzept geht ins Netz
Mit dem Konzept „win win für Alle!“ zur Ehrenamtskoordination unterstützt die Caritas in NRW ihre Verbände dabei, ehrenamtlich engagierte Menschen gut einzubinden und sie verlässlich zu betreuen. Das Konzept ist nun noch einmal überarbeitet und mit vielen neuen Impulsen ausgestattet worden und künftig auch mit einer eigenen Homepage im Netz vertreten.
Ehrenamtliche gut zu integrieren, sie zu qualifizieren, herauszufinden, was sie an Begleitung brauchen, dafür steht das Ehrenamtskonzept „win win für Alle!“. Hervorgegangen aus einem EU-geförderten Modellprojekt, ist der Ansatz bereits seit 2010 für die Caritasorganisationen in Nordrhein-Westfalen entwickelt worden. „Der Ausgangspunkt war: Alle Verbände arbeiten mit Ehrenamtlichen, doch es bedarf einer Strukturierung und Organisation, dass das alles gut funktioniert“, sagt Lydia Ossmann, Referentin für Engagementförderung beim DiCV. Dies passiert in einem dreistufigen Ansatz: Zuerst geht es darum, die Ehrenamtstauglichkeit der eigenen Organisation zu hinterfragen. Im zweiten Schritt darum, herauszufinden, wofür man Ehrenamtliche braucht und wie Interessierte ihre passende Aufgabe finden. Im dritten Schritt schließlich steht der Umgang mit und die Qualifizierung der ehrenamtlichen Mitarbeiter_innen auf dem Prüfstand. So gewinnen am Ende alle: Der Mensch, der sich engagiert und wertgeschätzt wird, die Organisation, die Unterstützung erhält, und die Menschen, die von den zusätzlichen Angeboten profitieren können.
Zum Konzept gibt es bereits Schulungen. Künftig soll der Inhalt auch auf einer Homepage zur Verfügung gestellt werden. „win win für Alle!“ kann so auch dabei helfen, Strukturen, die nach den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie ins Wanken geraten sind, stabil und zukunftsfähig wieder aufzubauen.
Das Konzept finden Sie hier: www.ehrenamtskonzept.de
24-Stunden-Pflege –
ein emotionales Thema mit vielen Facetten
Was tun, wenn dem ambulanten Pflegedienst der Caritas auffällt, dass im Haushalt eines Pflegebedürftigen eine Hilfe aus dem Ausland lebt, die mit ihren Aufgaben offensichtlich überfordert ist? Was tun, wenn man merkt, dass weder die Vorgaben des Arbeitsrechts noch pflegefachliche Mindeststandards eingehalten werden?
Auf Anregung der Diözesan-Arbeitsgemeinschaft Altenhilfe und Pflege befassten sich im Diözesan-Caritasverband Köln im Jahr 2022 gleich mehrere Fachfrauen aus dem Spitzenverband, aber auch Kolleginnen und Kollegen aus den drei Diözesan-Arbeitsgemeinschaften Altenhilfe und Pflege, Soziale und Berufliche Integration sowie Migration mit dem Phänomen der so genannten 24-Stunden-Pflege.
Aus der Grauzone holen
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist das Ziel formuliert, private Arbeitsverhältnisse von häuslichen Pflegekräften aus dem Ausland aus der Grauzone herauszuholen. Auch auf Ebene der Altenhilfe ist das Thema präsent. „Wir bekommen aus dem Bereich der ambulanten Pflege häufig die Rückmeldung, dass es schwieriger wird mit den Hilfen, die im Haushalt leben, einerseits, weil diese zu wenig Ahnung von der Pflege bei gleichzeitig komplexer werdenden Pflegesituationen haben, anderseits wurde uns auch berichtet, dass es teilweise große Ausnutzungstendenzen gibt“, beschreibt Helene Maqua, Leiterin der Abteilung Altenhilfe, die Ausgangslage. Die Beratungsstellen Arbeit sowie die Fachdienste für Integration und Migration können in dieser Situation wichtige Bündnispartner werden. „Gerade die Beratungsstellen Arbeit haben seit 2021 neben der Beratung von Arbeitssuchenden und Arbeitslosen verstärkt die Aufgabe, prekär beschäftigte Menschen zu unterstützen und in einem Netzwerk etwa mit Gewerkschaften gegen Arbeitsausbeutung vorzugehen. Wir wollen nun ausloten, wie wir diese Potentiale hilfreich auch in die Bekämpfung von Arbeitsausbeutung in den Haushalten Pflegebedürftiger einbringen können“, erklärt Andrea Raab, im Bereich Soziale Integration zuständig für Europa und Arbeitsmarktpolitik.
„Das Thema ist hochemotional“
Gemeinsam mit Susanne Lynen, Referentin für Migration, wurde ein Orientierungsrahmen erarbeitet. Hier wurde aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven verdeutlicht, welche Herausforderungen die Caritas im Erzbistum Köln im Umgang mit den so genannten 24-Stunden-Kräften sieht und welche konkreten Hilfsangebote, aber auch politischen Forderungen es gibt. „Das Thema ist hochemotional und hat so viele Facetten“, sagt Helene Maqua. „Da ist einerseits der Pflegenotstand bei uns und die große Not vieler Familien, die dringend Betreuung für ihre Angehörigen suchen, Heimplätze sind so gut wie gar nicht zu bekommen, ambulante Pflegedienste können kaum noch neue Patienten aufnehmen und gleichzeitig gibt es viele ältere Menschen, die unbedingt im häuslichen Umfeld bleiben wollen und dies nicht ohne Unterstützung können. Auf der anderen Seite müssen besonders wir als Caritas uns die Frage stellen: Ist es für ein so reiches Land wie Deutschland ethisch richtig, die Menschen aus anderen, ärmeren Ländern herauszuziehen, die sich dann eben nicht um die eigene Familie kümmern können, sondern das gegen Geld bei uns tun?“ Im Rahmen eines Workshops, an dem auch Vertreter_innen aus der Pflegepraxis und Expert_innen aus der Migration und Integration teilgenommen haben und eines Fachtags gab es bereits erste fruchtbare Diskussionen zu dem Thema.
Auf dem Weg zu einer inklusiven Jugendhilfe
Kinder- und Jugendhilfe soll künftig inklusiv sein, so steht es im reformierten Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Bis 2028 soll der Anspruch der „Hilfen aus einer Hand für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung“ umgesetzt werden und ein mehrstufiges Verfahren den Weg dorthin begleiten.
Bisher entschied die Art der Behinderung oder Beeinträchtigung darüber, ob die Behindertenhilfe oder die Kinder- und Jugendhilfe für die Eingliederung eines Kindes oder jungen Menschen zuständig war. Das reformierte SGB VIII will diesen Umstand beseitigen und in ein einheitliches System überführen. „Der Gesetzgeber sieht für diesen Prozess ein mehrstufiges Verfahren vor“, erklärt Christof Kriege, Leiter der Abteilung Jugend und Familie. „Als erstes gilt der Anspruch. Ab 2024 soll es dann Verfahrenslotsen bei den Jugendämtern geben, die die Verzahnung zwischen den Systemen steuern, auf Ebene der Ämter ebenso wie auf der der Träger und der Betroffenen.“ Im dritten und letzten Schritt soll bis 2027 ein Gesetz verabschiedet werden, das sicherstellt, dass die inklusive Kinder- und Jugendhilfe dann auch gesetzlich umgesetzt ist. Ein komplexer Prozess, an dessen Ende im besten Fall die Chance auf inklusives Aufwachsen für die Kinder und Jugendlichen steht.
An Schnittstellen Verbindung schaffen
Ziel des Diözesan-Caritasverbandes ist es, diesen Prozess bestmöglich zu begleiten und ihn mit guten Ideen voranzubringen. „Wir wollen Schnittstellen finden, die zu Verbindungspunkten werden können“, sagt Wanda Spielhoff aus der Abteilung Behindertenhilfe. So fand im Mai 2022 ein Fachgespräch statt, in dem Praktiker aus der Eingliederungshilfe sowie aus der Kinder- und Jugendhilfe gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zunächst die Wesensmerkmale der beiden Systeme herausgearbeitet haben. „Das war eine gute Grundlage, um zu verstehen, wo Unterschiede und wo Gemeinsamkeiten liegen und wie die Caritas mit ihren Trägern und Einrichtungen dazu beitragen kann, Modellprojekte zu entwickeln, die helfen, das Ziel des inklusiven Aufwachsens zu erreichen“, sagt Christof Kriege.
Bei einem Fachtag Anfang September 2022 stand das inklusive Wohnen im Zentrum. Insgesamt 50 Träger aus beiden Arbeitsfeldern berieten darüber, wie die Idee der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe in der Praxis greifbar gemacht werden kann. „Wir haben damit begonnen herauszuarbeiten, was Inklusion in den unterschiedlichen Arbeitsfeldern bedeutet. Anschließend haben wir uns die methodischen Handlungsansätze angeschaut, die sich aus dem Unterstützungsbedarf der Kinder ergeben“, erklärt Wanda Spielhoff. „Es war erhellend zu sehen, wo Vorbehalte liegen, wo es Unverständnis darüber gibt, wie das jeweils andere System arbeitet und wo es eingeübte Verfahrensweisen gibt, die man aufbrechen muss“, sagt Christof Kriege und ergänzt: „Die Ergebnisse zeigen, was der Mehrwert eines gemeinsamen Vorgehens sein kann. Wenn wir gemeinsam das Ziel verfolgen, politisch umzusetzen, was pädagogisch oder vom Teilhabe-Aspekt erforderlich ist für die Kinder, die von Beeinträchtigungen betroffen sind.“
Das Beste aus beiden Systemen
2023 sollen die gewonnenen Erkenntnisse und Ansätze weiter verfolgt und Ideen entwickeln werden, wie inklusives Aufwachsen im sozialen Umfeld von Kindern und Jugendlichen möglich sein kann. Es sind Fortbildungsangebote zum Thema geplant, die den einzelnen Systemen die Arbeitsweise des jeweils anderen Fachgebiets näherbringen und somit auch das Denken im strengen Korsett der Fachlichkeit auflösen sollen. „Niemand muss durch die Verzahnung um seinen Job fürchten. Auch künftig wird jeder auf dem Feld der pädagogischen und der sozialpsychologischen Arbeit gebraucht“, so Christof Kriege. „Perspektivisch wollen wir Handlungsansätze entwickeln, die das Beste aus beiden Systemen vereinen“, sagt Wanda Spielhoff.
Corona-Pandemie
Weil Ämter nicht erreichbar waren, mussten Menschen Leistungseinschränkungen hinnehmen
Im Interview zieht Diözesan-Caritasdirektor Dr. Frank Johannes Hensel nach fast drei Jahren Corona-Pandemie Bilanz und erklärt, warum wir immer noch von echter Bildungsgerechtigkeit entfernt sind.
Wie sind Ihre Einrichtungen und Dienste durch die Pandemie gekommen?
Fünf Führungskräfte des Diözesan-Caritasverbandes geben Antworten
Christof Kriege
Abteilungsleiter Jugend und Familie
„Ob Erziehungs-, Schwangerschaftsberatung oder ambulante Hilfen – unsere Angebote an die Menschen sind üblicherweise begegnungsintensiv. Mit Beginn der Corona-Pandemie war die vis-à-vis-Beratung plötzlich nur noch eingeschränkt möglich. Eine absolute Herausforderung! Denn für uns war immer klar: Wer Hilfe braucht, der bekommt sie auch. Anfänglich schafften eilig erworbene Schutzfenster noch Distanz in der analogen Beratung. Danach setzten wir voll auf medial unterstützte Beratungsarbeit – Videogespräche, Chatberatung, E-Mail-Schriftgespräche. Dabei kamen auch die bereits existierenden Online-Beratungstools zum Einsatz. Mitarbeitende wurden eilig geschult, Konzepte für die integrierte Beratung – Präsenz und medial unterstützt – entwickelt. Und: Kreativität war gefragt. Beratung fand draußen beim Spaziergang statt, in sehr großen ventilierten Räumen oder gar am Bildschirm. Letztlich hat die Pandemie alternative Beratungsformate nach vorn gebracht. Heute profitieren Beratende und Klientinnen und Klienten davon.“
Peter Brüssel
Bereichsleiter Gesundheits-, Alten- u. Behindertenhilfe
„Zu Beginn der Pandemie standen Krankenhäuser im Zentrum des Geschehens, als es aus Mangel an Impfstoffen außer der Beatmung kaum Behandlungsmöglichkeiten gab. Im europäischen Ausland war die Situation aufgrund fehlender Beatmungsplätze noch arger, sodass Krankenhäuser im Erzbistum Köln sogar aus Italien eingeflogene Patientinnen und Patienten zur Behandlung aufnahmen. Viele andere, auch notwendige Krankenhausbehandlungen mussten, da Beatmungskapazitäten für Coronapatienten freizuhalten waren, verschoben werden. Mit dem Aufkommen der Impfmöglichkeiten verbesserte sich die Situation stetig. Heute liegen zwar noch viele Menschen mit Corona im Krankenhaus, aber nur noch sehr wenige wegen Corona, sodass die Situation – von fehlendem Personal abgesehen – derzeit entschärft ist und auch so bleiben wird, wenn nicht eine Coronavariante auftritt, gegen die keiner der vorhandenen Impfstoffe wirkt.“
Dorothea Herweg
Bereichsleiterin Kinder, Jugend und Familie
„Permanente Testungen, Notbetreuung, das Achten auf Hygiene, Austausch mit Eltern, der Umgang mit coronabedingten Personalausfällen – das alles bestimmte den Kita-Alltag in der Pandemie und stellte Erzieherinnen und Erzieher vor nie dagewesene Herausforderungen. Immerhin: Kitas sind wichtig für eine funktionierende Gesellschaft, haben also eine System-Relevanz – das haben nun auch die letzten erkannt. Für die Kitas wirkte die Pandemie außerdem als Beschleuniger digitaler Formate; das ist gut und wird bleiben, ebenso hoffentlich die Fähigkeit zum Krisenmanagement. Andererseits zeigt sich, wie sehr Kinder unter den Folgen der Pandemie gelitten haben und noch immer leiden. Mädchen und Jungen aus sozial benachteiligten Familien haben laut Corona-Kita-Studie einen fast doppelt so hohen Förderbedarf bei Sprache, bei Motorik und bei der sozialen und emotionalen Entwicklung wie vor der Pandemie.“
Karen Pilatzki
Abteilungsleiterin Behindertenhilfe
„Die Einrichtungen und Dienste der Behindertenhilfe haben Verantwortung für die Unterstützung von Menschen, die sich ihnen anvertrauen. Mit Kreativität, Engagement und Durchhaltevermögen haben sie die Krise gemeistert, viele auch trotz Flutkatastrophe. Aktuell wird deutlich: Nach der Krise darf nicht vor der nächsten Krise sein. Wir brauchen Pausen! Zeit zur Regeneration. Obwohl die Infektionszahlen niedrig sind, ist die Krankheitsquote in vielen Bereichen so hoch wie nie. Die Erschöpfung ist spürbar. Der immer stärker werdende Personalmangel verschärft die Dringlichkeit, uns zu besinnen. Hinzukommt: Wir brauchen neue Pläne B und C auf der Basis einer Zukunftsvision: Wie wollen wir zukünftig leben? Welche Unterstützung werden wir leisten können und gesellschaftlich wollen? Diese Fragen sind nicht neu, müssen immer wieder neu beantwortet werden. Die Zeit sollten wir uns nehmen.“
Helene Maqua
Abteilungsleiterin Altenhilfe
„Am Anfang standen im Bereich der Langzeitpflege die Angst vor Corona und die Sorge um die pflegebedürftigen Menschen sowie um die Mitarbeitenden, dann kamen sehr kurzfristige und teilweise auch kurzlebige Gesetze, Verordnungen und Erlasse, die in der Umsetzung viel Zeit und Energie bündelten. Mit dem Impfstoff wurde die Gefahr vor einem schweren Krankheitsverlauf zwar geringer, jedoch gab es immer noch Corona-Ausbrüche. Erst in den letzten Monaten tritt eine Entspannung ein, verbunden mit einer Vorsicht, da jederzeit eine neue Virus-Variante wieder in eine angespannte Situation führen kann. Positive Effekte ergaben sich durch den Rettungsschirm und zentrale Einkäufe, die Lieferengpässe überbrückten und Kosten eindämmten. Die Zusammenarbeit mit den anderen Leistungserbringern wurde intensiviert, vereinfacht wurden die Absprachen in verschiedenen Gremien durch online-Sitzungen.“
Dr. Frank Johannes Hensel
Caritas & Du –
der Imagefilm der Diözesan-Caritasverbandes
Jahreskampagne
Das machen wir gemeinsam
Die Pandemie brachte es deutlich zutage: Solidarität ist der Schlüssel für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Caritas-Dachkampagne 2021 und 2022 stärkte diesen Gedanken.
#DasMachenWirGemeinsam“ – so lauteten Botschaft und Claim der Caritas-Kampagne für die Jahre 2021 und 2022. Damit verbunden war und ist der Auftrag an uns alle, gemeinsam an einer sozialeren und gerechteren Gesellschaft zu arbeiten, die möglichst vielen Menschen gute Chancen für ein gelingendes Leben bietet. Das wird nicht von allein geschehen. Schon gar nicht in einer Zeit, in der das Coronavirus viele Sicherheiten pulverisiert und die Lebensweisen vieler Menschen massiv verändert. Die Kampagne gliederte sich in drei Phasen und endete – im November 2022 – mit der Feier des 125-jährigen Bestehens des Deutschen Caritasverbandes. Wo? Na klar, am Gründungsort in Köln.
Jeder von uns hat Stärken, die besonders in Ausnahmesituationen wie der Pandemie zum Tragen kommen. Das Gefühl und die Erfahrung, nicht allein zu sein, ist ein enormer Antrieb, Aufgaben anzupacken und gemeinsam etwas zu bewegen – im Beruf, im Privaten, für die Gesellschaft. Genau das stellt die Caritas-Kampagne aus dem Frühjahr 2021 heraus: Miteinander durch die Krise.
Anhaltende Wohnungsnot, Chancen- und Bildungsgerechtigkeit und ein entschlossenes Handeln für mehr Klimaschutz: Um unser aller Zukunft zu sichern und den Zusammenhalt zu wahren, muss die Politik Antworten und Lösungen finden. Eine Herausforderung, die auch die Caritas gerne annimmt. Das meint die neue Normalität, die es nach der Bundestagswahl 2021 verantwortungsvoll zu gestalten gilt.
Menschen zu integrieren und Teilhabemöglichkeiten für alle zu schaffen – das ist seit 125 Jahren Programm und Verpflichtung der Caritas. Dafür stehen die zahlreichen Einrichtungen, Dienste und Verbände mit ihren Mitarbeitenden, die den Grundwerten Gerechtigkeit, Solidarität und Nächstenliebe ein Gesicht geben. Über das Jubiläum hinaus gilt damals wie heute: Zukunft denken, Zusammenhalt leben.
Wir über uns
Wirtschaftliche Entwicklung
Entwicklung der Bilanzsumme
Entwicklung der Personalkosten
Die Bilanzsumme des Diözesan-Caritasverbandes stieg um 9,03 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ausschlaggebend hierfür waren erhöhte Verbindlichkeiten aus noch weiterzuleitenden Zuschüssen insbesondere in der Fluthilfe.
Die Personalkosten stellen den größten Anteil an den Kosten des DiCV dar. Eine Steigerung der Personalkosten resultiert aus den AVR-Tariferhöhungen sowie aus der Zunahme der Personalkostenrückstellungen insbesondere für die Altersteilzeit von Mitarbeitenden. Da in 2020 eine außerordentliche Zuführung zur Pensionsrückstellung erfolgt ist, die sich in 2021 nicht wiederholt hat, ist der Personalaufwand in Summe gegenüber 2020 gesunken.
Erträge und Aufwände
Die Einnahmenseite ist gegenüber 2020 um 7,6 Prozent gesunken. Dies lag an einem Rückgang der sonstigen betrieblichen Erträge aufgrund eines außerordentlichen Ertrags im Vorjahr. Die Aufwände sind analog zu den Erträgen aufgrund des oben beschriebenen Effekts in den Personalkosten zurückgegangen.
Aufteilung der Ertragsseite
Die kirchlichen Zuweisungen stellen beim Diözesan-Caritasverband über 50 Prozent der Gesamteinnahmen dar, im Jahr 2021 machen sie 53,8 Prozent aus. Die anderen Zuweisungen blieben im Jahresvergleich relativ konstant.
© Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V.
Redaktion: Markus Harmann (verantwortlich), Barbara Allebrodt, Pia Klinkhammer, Sandra Kreuer, Anna Woznicki, Michaela Szillat
Grafik / Layout: Birte Fröhlich, www.bird-design.de
Diese Website verwendet Cookies. Bitte lesen Sie unsere Datenschutzerklärung für Details.